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Geschichte der Schlaraffia in Eisenach

Wenn man verstehen will, was der Kulturverein Schlaraffia Eisenach macht, wofür er steht und welche Ziele er verfolgt, dann muss man sich zwangsläufig auch mit der Geschichte der Schlaraffia beschäftigen.

Der Bund, als reine Männergesellschaft 1859 in Prag von vorwiegend Künstlern gegründet, wird oftmals fälschlicherweise als Geheimbund oder Loge bezeichnet. Das ist faktisch falsch. Geheim ist bei Schlaraffia eigentlich nichts. Es dringt nur wenig nach außen - was aber in der Natur der Sache liegt. Schlaraffia bietet seinen Mitgliedern eine Art "geschützten Raum" in einem Spiel, in dem sie sich ohne Furcht vor Hohn oder Rufschädigung ausprobieren können, bzw. einfach mal als Mensch Spaß haben dürfen.

Einzelheiten zum Spiel erfahren Sie auf dieser Internetseite hier.

Zur Geschichte finden Sie nachfolgend einen kurzen Abriss.

Schlaraffia Eisenach 1924

Schlaraffia Eisenach 1924 an der Wartburg

Die Schlaraffia hat in Eisenach eine lange Tradition und ist kein Unbekannter im Vereinswesen. Nachdem der Bund 1859 in Prag von Künstler gegründet wurde und sich recht schnell über den Erdball ausbreitete, dauerte es auch in Thüringen nicht lange, dass sich lokale Schlaraffenvereine bildeten. Zunächst in Gotha, Weimar, Erfurt und Jena, später auch an vielen anderen Orten im grünen Herzen Deutschlands. Eben auch in Eisenach – hierher kam die Idee jedoch erst 1921.

1921 fanden die ersten Bemühungen zur Gründung eines Eisenacher Schlaraffenvereins in der Gaststätte Schillerhof statt. Im Jahr 1924 – nachdem aus dem Stammtisch ein Feldlager (also ein gefestigterer Verein im schlaraffischen Sinne) geworden war, wechselte man in die Gaststätte Schloßkeller. Erstmals Erwähnung findet in den Geschichtsbüchern hier die Bezeichnung „Drachenburg“ (in Anlehnung an die Drachenschlucht bei Eisenach) für den Vereinsraum. Im selben Jahr noch wurde aus dem Feldlager Eisenach die „Colonie Ysenaha“ und damit erfolgte die Aufnahme in die weltweite Gemeinschaft Allschlaraffia als Mitglied mit beschränkten Rechten. Schon ein Jahr später konnte bekannt gegeben werden, dass die Colonie ihre Prüfungszeit bestanden hat und sie wurde als vollwertiges Mitglied anerkannt.

Neben den allgemeinen schlaraffischen Zusammenkünften, Sippungen genannt, entwickelte sich bei den Eisenacher Schlaraffen und ihren Familien schnell ein sehr großes Zusammengehörigkeitsgefühl. Umgesetzt wurde dieses besondere Verhältnis durch zusätzliche wöchentliche Treffen, die die Eisenacher „Dunst“ nannten (wahrscheinlich wurde da viel gequalmt bei Treffen).

Der Verein entwickelte sich im Laufe der Jahre prächtig und man unternahm viel miteinander. Ein jähes Ende für diesen gesellschaftlichen Zusammenhalt in Eisenach machte die Machtergreifung der Nazis dann. Nach und nach wurde es den Schlaraffenvereinen in Deutschland immer unbequemer gemacht. Das Treiben der Schlaraffia war den Machthabern nicht arisch genug und zu undurchsichtig: keine Politik und keine Religion, keine wirtschaftlichen Interessen … das konnten die Nazis nicht glauben und es passte auch nicht in ihr einheitlich ausgerichtetes, nationalistisches Regierungskonzept der Gleichschaltung.

1937 folgte dann deutschlandweit das Verbot, bzw. die Zwangsauflösung des Bundes Schlaraffia. Und mit ihm mussten alle lokalen Vereine ihre Existenz aufgeben. Unterlagen wurden beschlagnahmt (und liegen noch heute in staatlichen Archiven), die Vereinsheime wurden aufgelöst, enteignet und die Ausstattung entweder in persönlichen Nacht- und Nebelaktionen inSicherheit gebracht oder in Archive verteilt. Schlaraffia hatte über Nacht am 28.2.1937 in Deutschland aufgehört zu existieren.

Es folgten bekannterweise die langen Jahre des zweiten Weltkrieges. Erst 1946, ein Jahr nach dem Kriegsende, trafen sich die ersten ehemaligen Mitglieder von Schlaraffenvereinen wieder öffentlich. An vielen Stellen in Deutschland trafen sich Überlebende des Krieges, die vorher einmal Schlaraffen waren und gründeten die aufgelösten Vereine neu oder setzen deren Veranstaltungen nun fort. Doch wirklich gelang das vorwiegend nur in Westdeutschland und Österreich: in der DDR setzte sich die Zeit des Argwohns fort. Schlaraffia passte auch der DDR-Regierung nicht in das sozialistische Weltbild. Verbote und Bespitzelung waren die Folge.

Unter diesen widrigen Umständen trafen sich dennoch auch in Eisenach einige Mitglieder weiterhin. Als „Vereinsheim“ wurden für die heimlich durchgeführten Treffen die Gaststätten Lutherkeller und Harmonie genutzt, sowie die privaten Wohnungen von Mitgliedern. Es ist nachvollziehbar, dass bei heimlichen Treffen und fehlender Möglichkeit zur Außendarstellung ein Mitgliederzuwachs nur sehr schwer zu erreichen war. Die Runde der „Getreuen in Eisenach“ nahm zunehmend durch den Tod von Mitgliedern im Laufe der Jahre ab. Am 20.07.1985 verstarb das letzte verbliebene Mitglied, unser Ritter Graf Steno der Notenschreck. Seitens des Bundes Allschlaraffia wurde das Schlaraffenreych Ysenaha (243) im Jahr 1946 dann endgültig als erloschen geführt. Eisenach wurde – wie die Schlaraffen das bezeichnen – uhufinster.

Erst nach der Wiedervereinigung der beiden deutschen Staaten im Jahr 1989 wurde auch für die Schlaraffia die Situation wieder entspannter. Von den weit verbreiteten Vereinen in Thüringen hatten die lange Durststrecke aber dann nur die in Erfurt, Gera und Weimar überlebt. Diese Vereine, gestützt durch Hilfe aus dem Westen der Republik insbesondere aus Eschwege, konnten sich mit der Zeit erholen. Und zusammen mit weiteren Freunden sind inzwischen – Stand 2023 – auch in Meiningen und Arnstadt/Gotha wieder neue Schlaraffenvereine gebildet worden. Mit Erfolg.

Was an anderen Stellen gelungen ist – nämlich den Humor zu bewahren und eine wundervolle Spielidee weiter am Leben zu halten – das ist auch in Eisenach möglich. In 2022 wurde die Idee zur Wiedergründung eines Schlaraffenvereins in Eisenach geboren. Und jetzt befinden wir uns mitten in der Umsetzung.

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